Mit einer Feierstunde beging die Bürgerschaft heute den Gedenktag für die Befreienden und Befreiten im Großen Festsaal des Hamburger Rathauses. Es sprachen Bürgerschaftspräsidentin Carola Veit und Franciska Henning, Urenkelin des im Nationalsozialismus inhaftierten Georg Kieras. Anschließend kamen sie ins Gespräch mit Zeitzeugin Peggy Parnass und Dr. Carsten Brosda, Senator für Kultur und Medien.
Der 8. Mai 1945 markiert das Ende des Zweiten Weltkriegs, die bedingungslose Kapitulation Deutschlands und die Befreiung zahlloser Opfer der nationalsozialistischen Herrschaft. Das Datum steht aber genauso für den Aufbruch Deutschlands in unsere heutige freiheitlich-demokratische Grundordnung. Mit dem Gedenktag trägt die Hamburgische Bürgerschaft dem Willen Rechnung, insbesondere an die Befreienden und Befreiten zu erinnern.
Bürgerschaftspräsidentin Carola Veit: „Wir Abgeordnete der Hamburgischen Bürgerschaft haben am 1. Juni 2022 beschlossen, den 8. Mai zum offiziellen Gedenktag zu machen. Dieser Schritt, darin sind sich alle demokratischen Parteien einig, war längst überfällig. Wir dürfen nie aufhören zu gedenken und zu erinnern. Dabei sollten wir Debatten für die Zukunft anstoßen und unterschiedliche Sichtweisen verhandeln. Es ist unsere Verantwortung, die Erinnerung an die Befreiung zu bewahren und an Nachfolgegenerationen weiterzugeben, die nicht mehr in den direkten Dialog mit Zeitzeug:innen treten können.“
Franciska Henning, Historikerin und Urenkelin des während des Nationalsozialismus inhaftierten Georg Kieras: „Der Beginn der Freiheit gehört gefeiert, und das jeden Tag aufs Neue. Bei meiner täglichen Arbeit, geht es vor allem darum die Geschichte und das Wissen um die NS-Zeit zu bewahren. Doch indem wir Mitarbeiter von Gedenkstätten und Familienangehörige von Verfolgten dies tun, bewahren wir noch so viel mehr. Wir bewahren unsere erkämpfte Freiheit. Und das tun wir nicht mit Hass im Herzen und einer Drohung von Gewalt auf der Zunge, sondern mit Empathie in unserem Denken, Toleranz in unserem Handeln, Offenheit in unserem Lernen, Liebe in unseren Herzen und Frieden in unseren Wünschen für die Welt.“
Peggy Parnass, Zeitzeugin: „Von uns Überlebenden gibt es immer weniger. Umso wichtiger ist es für mich, jungen Menschen von meinen Erfahrungen zu berichten. Am 8. Mai 1945 war ich nicht in Deutschland, ein Tag der Befreiung war er für mich also nicht direkt. Zu viele NS-Täter konnten in den Jahren danach einfach so weitermachen. Trotzdem ist es gut, dass wir diesen Tag heute feiern und daran erinnern was war und was nicht wieder passieren darf.“
Dr. Carsten Brosda, Senator für Kultur und Medien: „Die Auseinandersetzung mit der Vergangenheit und ihren Folgen bis in die Gegenwart geht uns alle etwas an. Gerade in diesen Zeiten, in denen Nationalismus erstarkt und unsere Demokratie unter Druck gerät, ist es entscheidend, die Erinnerungen wach zu halten. Unsere Werte der Mitmenschlichkeit und der freien Selbstbestimmung müssen geschützt und immer wieder entschieden verteidigt werden. Als demokratische Gesellschaft ist es unsere Pflicht, die Geschichten der Befreiten und Befreienden zu bewahren, zu vermitteln und weiter zu tragen: Für eine Gemeinschaft, in der wir ohne Angst verschieden sein können.“